Rastlose Einsamkeit: Until I Lose My Breath

Eine junge Frau, fast ein Mädchen noch, bewegt sich rastlos und mit gehetztem Blick, wie ein verängstigtes Tier durch die Straßen Istanbuls; immer auf dem Sprung, auf der Suche nach Nähe und doch unfähig sie zuzulassen.

Until I lose my Breath der Türkin Emine Emel Balci, ist auf den ersten Blick ein ruhiger, unaufgeregter Film. Er kommt zumeist ohne dramatische Steigerungen aus, steuert weder auf eine Katastrophe noch auf eine Erlösung zu. Und doch ist er die ganze Zeit von einer diffusen Anspannung bestimmt, die Getriebenheit der Protagionistin treibt auch den Film voran.

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Androiden Träumt(en)

Schade. Es klang so vielversprechend. Eine Neuadaption  von Philip K. Dicks monumentalem Science-Fiction Werk „Do Androids Dream of Electric Sheep“, in dem die Definition des „Mensch-Seins“ diskutiert und in frage gestellt wird.  Als großer Science-Fiction Fan war dieser Film für mich ein absolutes „must-see“ der diesjährigen Berlinale. Leider war die Erfahrung nicht so außergewöhnlich wie erhofft.

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Am Ende doch kein Ausbruch: Ixcanul Volcano

Dies sei „kein Film über indigene Kultur, sondern wurde aus ihr heraus entwickelt“, informiert uns der Teaser-Text über Ixcanul. Und ausnahmsweise trifft der Teaser damit ziemlich gut die herausragende Qualität dieses Films: Dem fast dokumentarisch anmutenden und völlig ohne Musik auskommenden Wettbewerbsbeitrag des Guatemalteken Jayro Bustamante sieht man seine Eingebundenheit in die Lebensverhältnisse der Maya-Nachfahren, von denen er handelt, in jedem Moment an. Er glänzt durch einen unverstellten Blick, der seine Figuren niemals bewertet sondern den Zuschauern ihr eigenes Urteil lässt.

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Im Kino mit Courtney Love: Montage of Heck

Der Raum gerammelt voll und immernoch wuseln Gäste durch die Sitzreihen. Ich bin aufgeregt. Mein bisheriges Highlight der diesjährigen Berlinale. Und das ohne, dass der Film überhaupt angefangen hätte. Und ähh scusi…, zeigt die Uhr jetzt schon 15 Minuten Verspätung an.

Plötzlich Securities, und dann…Courtney Love!

Was dann folgt ist ein 132minütiger Ausflug in meine Teenage-Zeit und ich bin geschockt wie berührt ich bin.

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Warum Sven von ‚Der Bunker‘ enttäuscht war

Ich habe eine Vorliebe für abgedrehte Filme. Es macht mir ungemein Freude, zu sehen, wie das Morbide, Unheimliche, Entrückte oder Absurde in die Ordnung des Alltags einbricht und sie zerstört oder zumindest zeitweilig aufhebt. Dementsprechend leuchteten meine Augen, als ich das erste Still von Der Bunker, Nikias Chryssos‘ erstem Langspielfilm, zu sehen bekam: ein 8-jähriger Junge wird von einem erwachsenen Mann mit  Max&Moritz-Gedächtnisfrisur (Daniel Fripan) gespielt, und im Hintergrund steht die Nietzsche-Büste. Dazu noch ein Bunker als Handlungsschauplatz und eine Kreuzung aus der Addams-Family und Familie Bates aus Psycho als Charaktere, denen der Student (Pit Bukowski) ausgeliefert ist – genau mein Ding. Dachte ich zumindest.

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Wer wir sind, wenn niemand zuschaut: Out of Nature

Out of Nature (Original: Mot Naturen), der dritte Langspielfilm des Norwegers Ole Giæver, zeigt wunderschöne Naturaufnahmen und ist doch kein ‚Naturfilm‘. Es ist ein Film über die Schwierigkeiten eines erfüllten Lebens in Gesellschaft und die schwer zu stillende Sehnsucht danach; über Entscheidungen, Versäumnisse und (Tag-)Träume. Und darüber, dass auch eine Flucht in die „Natur“ uns letztlich nicht von diesen Problemen erlösen kann. Wir sind eben unwiderruflich „out of nature“. Der Clou daran: Das meiste davon spielt sich im Kopf des Protagonisten Martin ab (gespielt vom Regisseur selbst), während er einsam durch eine norwegische Landschaft joggt.

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Zwei Stunden cineastische Einöde: Queen of the Desert

Schon der zweite Verriss innerhalb von zwei Tagen und vier Filmen. Respekt, Berlinale! Respekt, Werner Herzog. Wir würden Ihnen hiermit gern ans Herz legen, das Filmemachen in Zukunft vielleicht lieber sein zu lassen… Klingt arrogant? Keine Spur. Bloß die folgerichtige Empfehlung nach dieser Zumutung. Und sein wir ganz ehrlich: Im Grunde hat Werner Herzog ja ganz offensichtlich das Filmemachen schon aufgegeben – denn, das was wir da heute vormittag über uns ergehen lassen mussten, das war nicht wirklich ein Film, sondern eher eine willkürliche Aneinanderreihung immergleicher melodramatischer Szenen.

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Überraschung, Überraschung: Im Sommer wohnt er unten

Was passiert, wenn zwei sehr unterschiedliche Paare, durch Verwandtschaft gewissermaßen verbunden, aufeinander treffen ? Die Antwort liefert Im Sommer wohnt er unten, Tom Sommerlattes  Debüt-Film: Matthias (Sebastian Fräsdorf), unkompliziert und unambitioniert mit seiner französischen Freundin und ihrem Sohn, muss sich mit seinem pedantischen, ehrgeizigen und arroganten großen Bruder David (Godehard Giese) und dessen Frau, die unbedingt schwanger werden will, das familiäre Sommerhaus teilen.
 Das klingt zunächst nicht besonders originell oder spannend, doch man sollte keine voreiligen Schlüsse ziehen.

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Katz und Maus in Palästina: Love, Theft and Other Entaglements

Mousa (Sami Metwasi), ein junger Palästinenser, ist ein Gauner, braucht Kohle und liebt eine verheiratete Frau. Als er ein Auto mit brisantem Inhalt klaut, geraten die Dinge außer Kontrolle. Love, Theft and other Entanglements eben.

Die weitere Handlung ist relativ vorhersehbar, die Dialoge könnten an vielen Stellen etwas mehr Feinschliff vertragen und gerade in der Mitte des Films verliert sich der dann arg konstruierte Plot in einigen Längen. Erinnert der Film von Muayad Alayan in seiner Schwarz-Weiß-Optik zu Beginn (wohl bewusst) an ‚Außer Atem‘ von Godard, kann er diesem Vorbild im Folgenden nicht mehr gerecht werden.

Doch wirklich übel nehmen wir das dem Film nicht. Einige Szenen sind wirklich gelungen, die Darsteller machen ihre manchmal etwas plattitüdenhafte Performance durch körperlichen Witz wett und die Bilder selbst sind nicht nur schön komponiert, sondern erzeugen auch selbst immer wieder komische Momente.

Einzig das zu einfache und versöhnliche Ende hinterlässt einen etwas schalen Beigeschmack. Die politische Botschaft der Macher gerät mitunter etwas plump in den Vordergrund und geht dann auf Kosten der künstlerischen Rafinesse, Letztlich hat man mit dem Film dann aber doch einen durchaus vergnüglichen Abend.

Sven und Costja

(Bildmaterial: Berlinale Filmstill, Sektion: Panorama)

Wo politische Schranken kluge Filme schaffen: Taxi – Jafar Panahi

Hauptschauplatz ist ein Taxi auf dem Weg durch das politische Teheran.

Seine Fahrgäste – Unterdrückung, Kriminalität, Todesstrafe, Zensur, Menschenschicksale.

Der Fahrer – kein Anderer als der Regisseur selbst!

Jafar Panahi äußert nicht zum ersten Mal Kritik  an der iranischen Regierung. Er ist einer der wichtigsten unabhängigen Filmemacher des Irans, so wurde er 2010 aufgrund  von „Propaganda gegen das System“  zu einem 20-jährigen Dreh- und Ausreiseverbot verurteilt. Gefilmt wurde trotzdem, allerdings aus der Perspektive des Armaturenbretts oder der Handykameras der Fährgäste. Panahi selbst hält in „Taxi“ nie eine Kamera in der Hand. Dafür changiert er zwischen Dokumentation und Schauspiel, wovon insbesondere deutlicher die erste Hälfte des Films getragen wird. Auch die Akteure sind in den anfänglichen Szenen ausdrucksstärker angelegt. – Kritisch, aber mit dem nötigen Augenzwinkern.

Es ist nicht geklärt ob es sich bei seinen Gesprächspartnern um reale oder fiktive Charaktere handelt. Und eigentlich ist es am Ende dann auch nicht mehr wichtig, wenn er durch ihre Stimmen von den Bedingungen seines persönlichen Schaffens und der politischen Lage seines Landes berichtet.

Nach unserem Eröffnungsfilm-Faux-Pas ein Film, über den wir uns freuen können.

Unbedingt schauen,  wer auf politisch kreatives Kino steht!

Maike

(Bild oben: Berlinale Filmstill, Sektion: Wettbewerb)