Girls always angry? Rou qing shi – Girls Always Happy

Die sind doch einfach unerträglich!

Das war meine Grundstimmung während der ersten Minuten in Rou Qing Shi von Yang Mingming, die zudem das Skript verfasst hat und eine der beiden Hauptrollen spielt.

Mutter (Nai An, Mitte 50) und Tochter Wu (Yang Mingming Anfang 30) leben gemeinsam in einer sehr bescheidenen Wohnung und versuchen sich beide (ja, beide) als Schriftstellerinnen. Sie leiden unter kontinuierlichem Geld- und Erfolgsmangel, vor allem aber unter sich selbst.
Irgendwie hab ich schon ’n bisschen Lust darauf, zu sehen, wie die beiden sich angiften, hab ich mir gesagt. Und die Erwartungen wurden bestätigt

Meine Fresse, dachte ich, sind die fies! Die Mutter ist konstant am Kritisieren, Rumnörgeln und schleudert mit Missgunst und Selbstmitleid nur so um sich („Irgendwann werd ich einfach verschwinden, dann wirst du nie erfahren, wie ich gestorben bin!“ „Ich will mich nur noch erhängen!“). Die Tochter hat einen Hang zur Selbstsabotage, ist wahnsinnig launisch und wird bei schlechter Laune noch bösartiger als ihre Mutter. Die beiden vertragen sich nur, wenn sie gemeinsam gegen andere taktieren (sie kümmern sich halbherzig um den Opa, sind aber insgeheim vor allem auf dessen Erbe aus, herzallerliebst). Wenn sie allein sind, krachen sie aneinander, und dann wird es richtig hässlich („Ich will nur noch sterben!“ – „Nein, ICH sollte sterben“).

„Das klingt ja furchtbar, wieso sollte ich mir das antun?“, mag jetzt der ein oder andere denken. Ich habe mich auch gefragt, warum ich während des gesamten Screenings weder gelangweilt noch genervt war.
Tatsächlich liegt es daran, dass die beiden Protagonisten einfach fantastisch geschrieben sind. Oberflächlich sind die furchtbar, ja. Aber immer wieder zeigen sie ihre menschlichen Seiten und man erfährt ganz subtil, dass es sehr wohl seine Gründe hat, dass sie sind, wie sie eben sind. Auch ihre Beziehung zueinander und zur Außenwelt ist wahnsinnig komplex und komplett nachvollziehbar, Psychoanalytiker und solche, die es sein wollen, werden daran einen Mordsspaß haben.
Eben das Nachfühlen und das langsame Verstehen der Charaktere macht den großen Reiz von Girls Always Happy aus, darum will ich an dieser Stelle auch nicht noch mehr vorwegnehmen. Die beiden sind Arschlöcher, ja. Aber sehr menschliche Arschlöcher; hach, sind wir das nicht alle ein bisschen?

Nun.

Ich sage einfach mal so viel: wer sympathische Charaktere braucht, macht einen Bogen um den Film. Wer besonders viel Spannung in der Handlung braucht, macht einen Bogen um den Film.
Wer Lust auf einen sehr speziellen Film mit unsympathischen aber tiefgründingen Hauptfiguren hat, greift zu.

 

PS.: Im Film wird wahnsinnig oft gegessen (in über 20 Szenen!). Wer Probleme mit lauten Ess- und Schmatzgeräuschen hat (mein Bruder Thorben zum Beispiel), macht einen weiten Bogen um den Film.

Janosch

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