Freiheit hat ihren Preis: Sworn Virgin

Mark lebte bis jetzt in den Alpen Albaniens bei seiner Adoptivfamilie nach dem Kanun, dem alten albanischen Gewohnheitsrecht. Seine Adoptivschwester floh vor Jahren mit ihrem jetzigen Mann nach Mailand um sich einer Zwangsheirat zu entziehen. Nun sind beide Elternteile verstorben. Mark verlässt sein Elternhaus um seine Schwester zu besuchen. Dabei trifft er auf Hana.

Hana ist eine „burrnesha“. Sie schwor einst ewige Jungfräulichkeit, und hat seitdem den Status eines Mannes inne. Ihre Frauenkleider und lange Haarpracht mussten weichen. Sie lernte zu jagen und die Verpflichtungen eines Familienoberhauptes zu tragen. So wurde sie zu Mark (s.o.).

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Die Angst vorm Fühlen: Body

Janusz vergräbt sich seit dem Tod seiner Frau in die Arbeit. Er ist Untersuchungsrichter. Leichenfunde und Tatortermittlungen bestimmen den Alltag. Seine Tochter Olga leidet an Bulimie. Sie versucht den Verlust ihrer Mutter mit Fressattacken zu kompensieren. Aus Sorge um ihre Gesundheit gibt Janusz sie in ärztliche Betreuung. Dort trifft Olga auf Therapeutin Anna, die sich neben ihrer eigentlichen Tätigkeit als Medium für Hinterbliebene verstorbener Seelen versteht.

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Kind, leg‘ Dich nicht mit der Kirche an! – El Club

In einer Kleinstadt in Chile, unter der Aufsicht einer Nonne, lebt eine katholische Priestergemeinschaft. Sie sind vor einiger Zeit aus unterschiedlichen Gründen aus ihrem Dienst entlassen worden. Keiner praktiziert mehr. Es wird gemeinsam gebetet, gesungen, man kommt zum Abendessen zusammen. Alles sehr diszipliniert. Ihr einziges Laster scheint ihr Faible für Hunderennen zu sein.

So weit so gut, bis die, im visuellen und erzählerischen Sinne, recht unscharfe Ausgangssituation durch einen Neuankömmling gebrochen wird. – und zwar so gewaltig, dass ich mich kurz fassen will.

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Wenn Regisseure sich selbst zitieren: Knight of Cups

Was, wenn die Schauspieler von ihrem neuesten Werk nicht so recht wissen, was es eigentlich will und selbst der Hauptdarsteller, sich nicht mehr an den Namen seiner Figur erinnern kann?
Dann seid ihr aller Wahrscheinlichkeit nach auf der Deutschlandpremiere des Us-amerikanischen Wettbewerbsbeitrag der diesjährigen Berlinale gelandet.
Nachdem Natalie Portman und Christian Bale sich während der Pressekonferenz zu Terrence Malick’s „Knight of Cups“ als Spielbälle einer fast drehbuchfreien Idee des Regisseurs outen mussten und das ganze dann unter dem Deckmantel der absoluten künstlerischen Freiheit verbergen wollten, gab es nach dem Screening dann gar keinen Kommentar mehr zum Film von ihrer Seite. So, als fiel es auch ihnen schwer eindeutig zu sagen was Malick eigentlich genau erzählen will.

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Tag 6: Über den Club der Außergewöhnlich-Früh-Aufsteher

Jede Nacht das gleiche Ritual. Wir fallen zu Unzeiten aus dem Bett, wir stolpern in die U-Bahn, wir rattern durch die dunkle Stadt. Wir kommen aus verschiedenen Richtungen, aber haben das gleiche Ziel: die Eichhornstraße 3. Auf den letzten Metern beschleunigen sich die Schritte, wir verfallen in eine Gangart irgendwo zwischen Nordic Walking und Rennen. Man ist ja nicht zum Spaß hier. Die Rivalität hält solange an, bis wir uns nacheinander in die noch überschaubare Schlange eingereiht haben und gemeinsam auf den Kaffeewagen warten.

Wir sind der Club der Außergewöhnlich-Früh-Aufsteher, der Schlangen-Könige, der Berlinale-Streber.

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Im Kino mit Courtney Love: Montage of Heck

Der Raum gerammelt voll und immernoch wuseln Gäste durch die Sitzreihen. Ich bin aufgeregt. Mein bisheriges Highlight der diesjährigen Berlinale. Und das ohne, dass der Film überhaupt angefangen hätte. Und ähh scusi…, zeigt die Uhr jetzt schon 15 Minuten Verspätung an.

Plötzlich Securities, und dann…Courtney Love!

Was dann folgt ist ein 132minütiger Ausflug in meine Teenage-Zeit und ich bin geschockt wie berührt ich bin.

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Katz und Maus in Palästina: Love, Theft and Other Entaglements

Mousa (Sami Metwasi), ein junger Palästinenser, ist ein Gauner, braucht Kohle und liebt eine verheiratete Frau. Als er ein Auto mit brisantem Inhalt klaut, geraten die Dinge außer Kontrolle. Love, Theft and other Entanglements eben.

Die weitere Handlung ist relativ vorhersehbar, die Dialoge könnten an vielen Stellen etwas mehr Feinschliff vertragen und gerade in der Mitte des Films verliert sich der dann arg konstruierte Plot in einigen Längen. Erinnert der Film von Muayad Alayan in seiner Schwarz-Weiß-Optik zu Beginn (wohl bewusst) an ‚Außer Atem‘ von Godard, kann er diesem Vorbild im Folgenden nicht mehr gerecht werden.

Doch wirklich übel nehmen wir das dem Film nicht. Einige Szenen sind wirklich gelungen, die Darsteller machen ihre manchmal etwas plattitüdenhafte Performance durch körperlichen Witz wett und die Bilder selbst sind nicht nur schön komponiert, sondern erzeugen auch selbst immer wieder komische Momente.

Einzig das zu einfache und versöhnliche Ende hinterlässt einen etwas schalen Beigeschmack. Die politische Botschaft der Macher gerät mitunter etwas plump in den Vordergrund und geht dann auf Kosten der künstlerischen Rafinesse, Letztlich hat man mit dem Film dann aber doch einen durchaus vergnüglichen Abend.

Sven und Costja

(Bildmaterial: Berlinale Filmstill, Sektion: Panorama)

Wo politische Schranken kluge Filme schaffen: Taxi – Jafar Panahi

Hauptschauplatz ist ein Taxi auf dem Weg durch das politische Teheran.

Seine Fahrgäste – Unterdrückung, Kriminalität, Todesstrafe, Zensur, Menschenschicksale.

Der Fahrer – kein Anderer als der Regisseur selbst!

Jafar Panahi äußert nicht zum ersten Mal Kritik  an der iranischen Regierung. Er ist einer der wichtigsten unabhängigen Filmemacher des Irans, so wurde er 2010 aufgrund  von „Propaganda gegen das System“  zu einem 20-jährigen Dreh- und Ausreiseverbot verurteilt. Gefilmt wurde trotzdem, allerdings aus der Perspektive des Armaturenbretts oder der Handykameras der Fährgäste. Panahi selbst hält in „Taxi“ nie eine Kamera in der Hand. Dafür changiert er zwischen Dokumentation und Schauspiel, wovon insbesondere deutlicher die erste Hälfte des Films getragen wird. Auch die Akteure sind in den anfänglichen Szenen ausdrucksstärker angelegt. – Kritisch, aber mit dem nötigen Augenzwinkern.

Es ist nicht geklärt ob es sich bei seinen Gesprächspartnern um reale oder fiktive Charaktere handelt. Und eigentlich ist es am Ende dann auch nicht mehr wichtig, wenn er durch ihre Stimmen von den Bedingungen seines persönlichen Schaffens und der politischen Lage seines Landes berichtet.

Nach unserem Eröffnungsfilm-Faux-Pas ein Film, über den wir uns freuen können.

Unbedingt schauen,  wer auf politisch kreatives Kino steht!

Maike

(Bild oben: Berlinale Filmstill, Sektion: Wettbewerb)

Der archetypische Teaser-Text

Zuerst:

Ein Teaser für den archetypischen Teaser-Text

Die Berlinale. 415 Filme, auf 10 Tage großstädtischen Stresses verteilt, lassen den Festivalbesucher orientierungslos in den Kinosälen zurück. Nur eine Sache verspricht Halt: die Texte, die im Berlinale-Programm zu jedem Film eine prägnante Beschreibung liefern und dessen jeweilige Stimmung mit viel Feingefühl spürbar machen wollen. Doch diesen Erwartungen können die Teaser nicht gerecht werden, hinter der Fassade zeigt sich eine resignierte Einförmigkeit, die jeden Film mit den immergleichen Worten in den Himmel lobt.

Diesem Umstand nähern sich die Schreiber von ‚4 Kinder und 1 Feldbett‘ mit viel Fingersptzengefühl in ihrem Meisterstück ‚Der archetypische Teaser-Text‘ an. Durch die geschickte Re-Kombination verschiedener typischer Versatzstücke sämtlicher Teaser-Texte und den analog gehaltenen Stil  weisen sie auf den desolaten Zustand der Teaser-Kultur hin, ohne bei all der Dramatik ihr charakteristisches Augenzwinkern zu verlieren. So werfen sie unweigerlich Fragen auf wie „Muss denn jeder Teaser gleich klingen?“ und „In wie vielen Filmen spielt James Franco denn bitte noch mit?“

Ein Muss für jeden Teaser-Text Liebhaber.

Und nun:

Der archetypische Teaser-Text zum archetypischen Film ‚La Uniformité de las Cosas‘

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