Born in Evin – bewegende Spurensuche und politisches Statement (Audio-Kritik mit Constantin)

Heute ist Maryam Zareeh eine erfolgreiche deutsche Schauspielerin – in die Wege gelegt war ihr das jedoch nicht: Denn geboren wurde sie in einem iranischen Gefängnis, ihre Eltern war dort als Oppositionelle inhaftiert. Mehr jedoch haben sie ihr nie erzählt. In „Born in Evin“ erzählt Zareeh von ihrer mehrjährigen Recherche-Reise, um ihrer eigenen Geburt auf die Spur zu kommen – und verbindet dabei das Persönliche mit dem Politischen. Das Ergebnis hat mich zu Tränen gerührt – auch wenn er am Ende keine ganz runde  Sache ist. Im Gespräch mit Sven erzähle ich, warum.

Bildmaterial: Berlinale Filmstills; Perspektive deutsches Kino

Born in Evin
Sektion: Perspektive deutsches Kino
Regie: Maryam Zaree
Produktion: Deutschland / Österreich 2019
Länge: 95'

African Mirror – Im Spiegel europäischer Phantasmen

Die Schweizer Doku von Mischa Hedinger ist kein Film über Afrika, sondern über Europa – über die Phantasmen und Vorurteile, die weiße Europäer*innen auf den afrikanischen Kontinent projiziert haben und immer noch projizieren. Und auch der Begriff der Doku trifft es nicht ganz – am ehesten könnte man den Film vielleicht als Essayfilm bezeichnen, insofern sich der Regisseur explizit auf Harun Farocki beruft.

Gegenstand und Material von African Mirror bilden die Aufnahmen des Schweizer Afrikareisenden und -filmers René Gardi, der in den 1950er und 60er Jahren mit Büchern und Filmen das Afrika-Bild in und außerhalb der Schweiz entscheidend mitgeprägt hat – und bis heute prägt. Sein Blick auf den Kontinent und die Menschen dort ist geprägt von kolonialer Bevormundung und Rassismus, kaschiert durch vorgeschobenes Wohlwollen.

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Temblores von Jayro Bustamante – Ein Hoch auf zurückgenommenes Kino

Der guatemalische Regisseur Jayro Bustamante kehrt nach vier Jahren zurück zur Berlinale. Während sein Debütfilm Ixcanul im Wettbewerb gelaufen ist, erscheint sein zweiter Langspielfilm Temblores im Panorama. Bustamantes Herangehensweise hat sich dabei nicht geändert: Wie auch Ixcanul ist Temblores zu einem Teil beobachtende Gesellschaftsbeschreibung und zu einem Teil persönliches Drama über eine Figur, die von den gesellschaftlichen Zwängen an der Selbstentfaltung gehindert wird. Im Vergleich mit seinem Debütfilm erlaubt Bustamante sich hier jedoch, deutlich klarer Kritik an den gesellschaftlichen Umständen zu formulieren und sie in ihren eigenen Widersprüchen zu verwickeln. Dabei bleibt sein Blick nüchtern und zurückgenommen und lässt vielmehr die Figuren und ihre Emotionen sprechen, als diese offensiv zu inszenieren. Genau die richtige Entscheidung.

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Mid90s von Jonah Hill – An erster Stelle ein geiler Film, an zweiter Stelle Skateboards!

Schauspieler, die sich als Regisseure versuchen, sind ja so eine Sache. Letztes Jahr kam Idris Elbas Filmdebüt Yardie raus, von dem ich im Nachhinein wohl eingestehen muss, dass Elbas Strahlkraft mich ein bisschen geblendet hatte. Das sollte mir diesmal nicht passieren! Weder Jonah Hill, noch die geballte 90er Nostalgie (inklusive 4:3 Format!) würden mich diesmal blenden. Haben sie auch nicht, weil Mid90s einfach ein verdammt guter Film geworden ist, der auch ohne Hill, Nostalgie und sogar ohne Skateboards noch funktionieren würde. weiterlesen →

Der Boden unter den Füßen – gelungenes Drama mit Abstrichen (Audio-Kritik mit Sven)

Der sprichwörtliche „Boden unter den Füßen“, der rutscht der Unternehmensberaterin Lola im Laufe dieses Films weg – es geht um Leistungsdruck, Abhängigkeit, existentielle Unsicherheit. Sven hat den österreichischen Wettbewerbsbeitrag gesehen. IIn der Kurzkritik erzählt er, warum er ihn zumindest zu zwei Dritteln gelungen findet.

Der Boden unter den Füßen
Sektion: Wettbewerb
Regie: Marie Kreutzer
Mit: Valerie Pachner, Pia Hierzegger, Mavie Hörbiger, Michelle Barthel, 
Marc Benjamin         
Produktion: Österreich 2019                        
Länge: 108’ 

Bildmaterial: Berlinale Stills; Wettbewerb

Los miembros de la familia – ungewöhnlicher Coming-of-Age-Film, der alles richtig macht

Ein junger Mann und eine junge Frau kommen zurück in ein Haus an der argentinischen Küste. Sie kennen dieses Haus, sie fühlen sich unwohl hier und sie sind scheinbar Geschwister: Lu und Gilda. Zwischen beiden herrscht von Anfang an eine diffuse Anspannung – Lu begegnet seiner Schwester beinahe feindselig, aber mit stoischem Gesicht – deren Hintergründe sich nur nach und nach und auch bloß andeutungsweise offenbaren.

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