Systemsprenger von Nora Fingscheidt ist ein Film, der sich viel Zeit nimmt, um auf den ersten Blick recht wenig zu erzählen. Ziemlich genau zwei Stunden lang beleuchtet er das Leben der titelgebenden ‚Systemsprengerin‘ Benni (Helena Zengel), einem neunjährigen Mädchen, das von Heim zu Heim und Erziehungsmaßnahme zu Erziehungsmaßnahme gebracht wird, nur um jedes Mal aufs Neue kurz darauf gewaltsam auszubrechen. Dabei wiederholt der Film beständig die zirkuläre Abfolge von Aggression zu Erschöpfung zu aufkeimender Hoffnung zu erneuter Aggression. Dieser gebetsmühlenartige Eskalationszyklus ist anstrengend und aufreibend anzuschauen, aber notwendig. Denn in der Wiederholung entfaltet Bennis Geschichte eine emotionale Schlagkraft, die es in sich hat. weiterlesen →
The Kindness of Strangers – Ein Eröffnungsfilm wie ein Kirchgang
Das Motiv ist offensichtlich: ‚Freundliche Fremde‘ – welch besseres Motto in Zeiten wachsender Xenophobie. Über einen platten Aufruf, nett zu sein, kommt der Film von Lone Scherfig allerdings leider nicht hinaus. Dafür ist er so weichgespült, dass es weh tut.
Dass und warum man von Eröffnungsfilmen nie viel erwarten sollte, hat ja Janosch bereits in seinem Beitrag aus Göteborg ausgeführt. Das hält mich allerdings nicht davon ab, immer wieder ins Staunen zu geraten, angesichts der wiederkehrenden Fehlgriffe eines Festivals wie der Berlinale, das den dezidierten Anspruch hat, ein politisches und kritisches Programm zu machen.
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Grüße aus dem Sarg! Aniara in „the Worlds most Claustrophobic Cinema“
Da stand ich also, irgendwo am Rande Göteborgs im Schnee, vor einem quadratischen Glaskasten und wartete auf das Abholkommando. Mit mir fünf weitere, die sich ebenfalls Tickets für „das klaustrophobischste Kino der Welt“ gesichert hatten. Die Aktion ist schnell erklärt: man geht allein in einen Sarg, bekommt dort einen Film gezeigt, fertig. Da ich nicht grade als Horrorfan bekannt bin, war ich ganz schön erleichtert, als ich hörte, dass wir das schwedische „Sci-Fi Epos“ Aniara sehen würden. Gleichzeitig freute ich mich auch drauf, Klaustrophobie ist ja eh ein klassisches Science Fiction Element, das würde also sicher gut passen. weiterlesen →
Sons of Denmark – Populismus, Terror und die Polizei
Terroranschlag. Die Stimmung in der Gesellschaft kippt. Faschismus? In Ulaa Salims Dystopie Sons of Denmark: ja.
Während sich aus dem Nazi-Teil der dänischen Bevölkerung die radikale Terrorgruppe „Sons of Denmark“ bildet, haut Martin Nordahl (Rasmus Bjerg) in bester Höcke-Manier rassistischen Bullshit raus und führt damit die Wahlumfragen an. Die direkten Konsequenzen der Radikalisierung der Gesellschaft spürt auch der junge Migrant Zakaria (Mohammed Ismail Mohammed), der sich deshalb einer arabischen „Widerstandsgruppe“, defacto einfach eine den Sons of Denmark entgegengesetzte Terrorzelle, anschließt. Dort wird er von Ali (Zaki Youssef) trainiert und auf seine große Mission vorbereitet: ein Attentat auf Martin Nordahl. Gleichzeitig erleben wir als Zuschauer den merkwürdigen Zwiespalt in der Polizei, die auf dem rechten Auge blind zu sein scheint. weiterlesen →
Stan and Ollie, Harajuku und Endzeit: Drei Reviews zum Preis von einem!
Ook, heute gibt‘s statt einer langen Review ein paar Kurzreviews. Ich habe einiges gesehen, und möchte mehr erwähnen als die Zeit zulässt, darum jetzt im Schnelldurchlauf: weiterlesen →
If Beale Street Could Talk – So viel Liebe in und für diesen Film!
Wann habt ihr euch zuletzt gefragt: „wann habe ich eigentlich das letzte Mal einen richtig guten Liebesfilm gesehen?“ Nie? Ich auch nicht. Es war schon ‘ne Weile her, dass ich einen gesehen habe, der mir nahe geht und mich nicht zum zynischen Augenrollen animiert. Und eigentlich hatte ich damit auch meinen Frieden gemacht. Dass ich das Gefühl, das mir eine gute Romanze gibt, vermisst hatte, das wurde mir erst klar, als ich bei If Beale Street Could Talk von Moonlight-Regisseur Barry Jenkins im Kino saß. weiterlesen →
Aurora – Wie man mit einem schlechten Drehbuch den Eröffnungsfilm verkackt
Eröffnungsfilme auf Filmfestivals sind ja immer so eine Sache:
Ein bisschen Glamour sollen sie versprühen (für die große Eröffnung, hach), gern etwas politisch sein aber ja gut verträglich, damit es keine Kontroversen gibt. Bei der Premiere sollen sich alle wohl fühlen, schön bisschen Blitzlichtgewitter, ein paar Prosecco ballern, das Screening mitnehmen und dann ab zur Eröffnungsparty und zurück zu mehr Prosecco. Die Qualität des Eröffnungsfilms ist erstmal zweitrangig, solange sich niemand auf den Schlips getreten fühlt. So wurde es mir gestern zumindest von Festivalmitarbeitern erklärt. weiterlesen →
The Lucky One- „Voll artsy“ „ja, aber gut ne?“
Das ist er also: mein erster Film auf dem Göteborger Film Festival – und dann gleich einer, der so schwer einzuordnen ist.
The Lucky One von Mia Engberg ist weniger ein klassischer Spielfilm im eigentlichen Sinne als ein Kunstprojekt mit mehreren ineinander verwobenen Narrativen. Zusätzlich kommt der Film (bis auf zwei kurze Ausnahmen) komplett ohne die körperlichePräsenz der Darsteller aus. Die Handlung wird nur durch Dialoge erzählt, die aus dem Off über die schwarze Leinwand, Stadttreiben und Landschaftsaufnahmen gelegt werden. weiterlesen →
Sehsüchte 2018, Tag 2: Ein Drache, ein Elch, ein Sakko und Janoschs Lieblingsfilm
Am zweiten Tag des Sehsüchte Festivals gab es nicht nur wieder viele Screenings und Workshops, sondern auch ein Fußballturnier und ein anschließendes Barbecue. Bei ersterem habe ich nicht teilgenommen, bei letzterem sehr wohl. Danke an der Stelle nochmal für das gute Essen.
Nun aber zu den Highlights von Tag 2: weiterlesen →