Ciao Ciao: Eine Frage der Konsequenz

Eigentlich könnnte vieles an diesem Film stimmen. Das erste Bild: Intensives, sattes Grün in einer rostbraunen Berglandschaft. Leider wird das neben dem Technosoundtrack der eindrücklichste Teil dieses Provinzdramas bleiben. Warum scheint die Arbeit des chinesischen Regisseurs Song Chuan so gefühllos?

Der Programmtext kündigt ein Drama nach Tennessee Williams an, in der chinesischen Provinz – mit einer mächtigen Bildsprache, das klingt vielversprechend. Es geht um Ciao Ciao, die aus der Metropolregion Kanton in die Bergprovinz Yunnan zu ihren Eltern zurückgekehrt ist. Ihre Pläne und Hoffnungen für eine Zukunft in Kanton spricht sie in Voicemails an ihre beste Freundin aus. Doch irgendwie bleibt sie an dem Dorf und dem nichtsnutzigen Sohn eines Schnapsproduzenten hängen, den sie heiratet um irgendwie die Erwartungen ihrer Eltern zu erfüllen. Und irgendwie hat sie dabei eine Affäre mit dem Besitzer eines Friseursalons, der auch in Kanton gelebt hat. Am Ende bringt ihr eifersüchtiger Ehemann die beiden irgendwie um.

Dieses „irgendwie“ fasst damit die dramaturgische Problematik des Films gut zusammen, denn die Motive der Figuren werden zwar angedeutet, aber zu keinem Zeitpunkt glaubhaft oder nachvollziehbar. Das liegt neben Entscheidungen der Kameraführung auch daran, dass die Hauptfigur Ciao Ciao den gesamten Film dieselbe ausdruckslos-gelangweilte Haltung zur Schau trägt, egal wie oft sie ihrem Ehemann Sex und Zuneigung verwehrt und egal ob ihr Plan zurück nach Kanton zu gehen eigentlich längst vor die Hunde gegangen ist. Das sollte man jetzt als emotionale Versehrtheit dieser jungen Frau lesen, die von ihrem sozialen Hintergrund und den Geschlechterverhältnissen tief geprägt ist. Beim Zuschauen bin ich aber immer wieder auf dasselbe Problem gestoßen: Es wird einiges gemeint und angedeutet, aber sehr wenig tatsächlich gesagt.

Insgesamt wirken die Schauspieler weniger als würden sie tatsächlich in einem chinesischen Provinzdorf leben  und bewegen sich mehr wie auf einer Bühne, die behauptet chinesische Provinz zu sein (Vielleicht deshalb Tennessee Williams?). Mangelnder Realismus soll allerdings gar nicht der Kritikpunkt sein, schließlich weiß ich nichts über das Leben in Yunnan, sondern vielmehr, dass diese zaghafte Künstlichkeit nicht zum Thema der Geschichte in Beziehung steht. In diesem Punkt ist der Film nicht ehrlich zu sich selbst und wirkt dadurch substanzlos oder beliebig.  Er ist so sehr um eine eigene Sprache bemüht, dass er vergisst Empathie für seine Figuren zu entwickeln. Ihre Langeweile, Perspektivlosigkeit, materielle Fixierung und so weiter wird rein äußerlich, fast formulaisch, betrachtet.

Vielleicht gibt es Zuschauer, die das mögen. Ich konnte damit leider nichts anfangen. Schade, denn der Anlage nach hätte er Potenzial gehabt. Leider bleibt die Geschichte um Ciao Ciao aber da stehen wo sie angefangen hat: Intensives Grün in einer rostbraunen Landschaft.

 

 

(Bildmaterial: Berlinale Filmstills, Sektion: Panorama)

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