The Dinner: Laberlaber, Streit und Richard Giiiiier

Zwei Paare treffen sich zum Essen, haben wenig Lust und irgendwie geht es um ihre Kinder. Das klingt erst einmal nach „Der Gott des Gemetzels“, dem Theaterstück von Yasmina Reza, dessen Verfilmung von Roman Polanski mir vor ein paar Jahren viel Spaß bereitet hat. Das waren zumindest meine ersten Gedanken, bevor ich in „The Dinner“ von Oren Moverman gegangen bin. Mit Steve Coogan, Laura Linney, Rebecca Hall und allen voran dem zweimaligen Sexiest Man Alive (93 und 99) Richard Gere *schmacht* ist der Film zudem sehr stark besetzt. Könnte vielleicht was werden, vielleicht aber auch nicht.

Soviel vorab: Nicer Film, schaut den wenn ihr noch könnt auf der Berlinale, und ansonsten, wenn er ins Kino kommt.

Nun ein bisschen genauer. Das Ganze mutet anfangs tatsächlich ein bisschen an wie „Der Gott des Gemetzels“. Gut, die beiden Männer sind Brüder und die Paare treffen sich im nobelsten und lächerlich dekadentesten Restaurant aller Zeiten. Anfangs werden wie bei Yasmina Reza allerdings vor allem die Unterschiede ihrer Leben thematisiert. Der eine war früher Lehrer, der andere ist erfolgreicher Politiker und in dysfunktionaler Ehe mit sowohl seinem Beruf, als auch seiner zweiten Ehefrau. Irgendwie will keiner wirklich hier sein, gemeinsam versuchen sie dennoch anfangs, die zivilisierte Fassade aufrechtzuerhalten. Gehen können sie nicht, denn es geht um ihre Söhne. Und hier entflieht The Dinner den Göttern des Gemetzels. Es geht nicht um einen harmlosen Streit der Kiddies, die Jungs haben Scheiße gebaut und zwar so richtig. Das erfahren wir in verschiedenen Rückblenden, die mit jedem Mal schlimmer und abscheulicher werden. Die Krux des Treffens (und des Films) ist nun, wie die Familien jeweils damit umgehen. Das alles ergibt sich allerdings erst im Laufe der Geschichte, da die Gruppe sich immer wieder an ihren eigenen internen Kleinkriegen aufhängt, während der Elefant im Raum sich langsam aber sicher in den Vordergrund schiebt. Weiter möchte ich gar nicht auf die Geschichte eingehen, denn die große Stärke des Films liegt in seiner Unvorhersehbarkeit. Da denkt man eigentlich, alle Charaktere durchschaut zu haben, wird aber immer wieder eines anderen belehrt. Eine Wende jagt die Nächste, um durch einen weiteren Flashback wieder subvertiert zu werden… Die Dialoge schwanken zwischen anfangs unterhaltend, verschärfen sich aber zusehends, bis im Zuschauer heiße Wut hochkocht. Die Leistung der Hauptdarsteller ist durchgehend stark, allerdings möchte ich hier Rebecca Hall hervorheben, die mich nach einem recht trägen Start von einer Szene auf die nächste komplett überzeugt hat.

So stark die eigentliche Haupthandlung ist, so schwach ist ein Ausflug in die Geschichte von Steve Coogans Charakter, den sich der Film im Mittelteil erlaubt. Hierdurch wird alles in meinen Augen komplett unnötig um 20-30 Minuten gestreckt, wo ein kurzer Dialog völlig ausgereicht hätte.

Alles in allem hat mich „The Dinner“ aber überraschend besser abgeholt, als ich das gedacht hätte. Wo „Der Gott des Gemetzels“ uns mit der Beschissenheit der Charaktere unterhält, trifft uns diese hier wie eine Faust in die Magengegend.

Alles in allem ein echt starker Film, den ich jedem, der Lust auf ein bisschen Menschenhass hat, wärmstenst ans Herz lege.

Janosch

 

Filmstills: Berlinale 2017 Sektion: Wettbewerb

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