Terroranschlag. Die Stimmung in der Gesellschaft kippt. Faschismus? In Ulaa Salims Dystopie Sons of Denmark: ja.
Während sich aus dem Nazi-Teil der dänischen Bevölkerung die radikale Terrorgruppe „Sons of Denmark“ bildet, haut Martin Nordahl (Rasmus Bjerg) in bester Höcke-Manier rassistischen Bullshit raus und führt damit die Wahlumfragen an. Die direkten Konsequenzen der Radikalisierung der Gesellschaft spürt auch der junge Migrant Zakaria (Mohammed Ismail Mohammed), der sich deshalb einer arabischen „Widerstandsgruppe“, defacto einfach eine den Sons of Denmark entgegengesetzte Terrorzelle, anschließt. Dort wird er von Ali (Zaki Youssef) trainiert und auf seine große Mission vorbereitet: ein Attentat auf Martin Nordahl. Gleichzeitig erleben wir als Zuschauer den merkwürdigen Zwiespalt in der Polizei, die auf dem rechten Auge blind zu sein scheint.
Der Film zeigt eindrücklich die Gefahren auf, die von Radikalisierungen politischer Lager ausgehen. Gerade die erste Hälfte, in der Zakaria mit seiner Entscheidung und seinem Auftrag hadert, ist sehr stimmungsvoll und mündet in ein spannendes Finale. Zudem gibt es einige sehr gelungene Wendungen in dem Film, die ich so nicht habe kommen sehen, dafür ein großes Lob!
Mohammed Ismail Mohammed und Zaki Youssef liefern solide Leistungen als Protagonisten ab, wobei Rasmus Berg als Populist ein bisschen abfällt. Ihm fehlt ein bisschen die Mischung aus eklig aber irgendwie charismatisch, um wirklich glaubwürdig zu sein, das hätte mit einer anderen Besetzung vielleicht besser gezündet.
So, und wenn ich grade beim Meckern angekommen bin: Dem Film hätte an vielen Stellen ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl gutgetan. Die Hintergründe der arabischen Kampfgruppe werden einigermaßen ausgeleuchtet, während die Sons of Denmark einfach nur ein großer gewalttätiger Haufen bleiben, der bedrohlich über der Gesellschaft wabert und irgendwann zuschlägt. Da gibt es aber keinerlei Hintergründe oder Erklärungen für. Auch die Radikalisierung der Bevölkerung und Begründungen, warum denn alle Martin Nordahl auf den Leim gehen, kommen nicht vor. Das ist halt einfach so und das muss der Zuschauer akzeptieren. Das gleiche gilt für die Polizeiarbeit, die eindimensional und tumb dargestellt wird („der Fall ist geschlossen, wir müssen uns jetzt mehr um islamistischen Terror kümmern!“). Dass zudem keinerlei bürgerliche Opposition zu dem Faschisten Nordahl gezeigt wird, macht die Radikalisierung einer Gegenbewegung für den Zuschauer irgendwie logisch, und gerade die soll ja auch in Frage gestellt werden.
Zudem führt das Gefälle zwischen der einigermaßen subtil inszenierten islamisch geprägten Gruppe und der mit dem Vorschlaghammer gezeichneten, noch viel böseren Nazibande dazu, dass man letztere nicht ernst nehmen kann. Dadurch schadet der Film sich und scheitert letztlich in seinem Bestreben, sich gegen jegliche Form des Radikalismus auszusprechen und zugleich ein Weckruf vor dem drohenden und wachsenden Rechtspopulismus in Europa zu sein.
Alles in allem ein solider stimmungsvoller Film, der seine Agenda aber ein bisschen zu sehr erzwingen will und dabei immer wieder in die Karikaturkiste fällt.
Alle Fotos ©Göteborg Film Festival