„Ich bin ja ein großer Fan von Idris Elba.“ – ein Satz, den man wohl von jedem so oder so ähnlich hören konnte, der sich während der Berlinale ins Kino begeben hatte, um Elba’s Regiedebut Yardie zu sehen. Ich bin auch ein großer Fan von Elba. Toller Schauspieler, cooler Typ, der beim Q&A einen extrem sympathischen Eindruck hinterlassen hat. Gleichzeitig gehen bei mir aber auch schrillste Alarmglocken los, wenn ein A-List Schauspieler sich entschließt, unter die Regisseure zu gehen. Das mündet meistens in platten, generischen und seelenlosen Versuchen, die aufgrund der Bekanntheit der Neuregisseure ein riesiges Budget bekommen. Beispiele wie Ewan McGregor, Angelina Jolie oder Nick Cage (haha!) gibt es zur Genüge. Allerdings verdient natürlich jeder einen unvoreingenommenen Blick, daher werde ich Yardie bewerten, ohne dabei an das charismatische Lächeln seines Regisseurs oder meine grundlegenden Zweifel an Schauspielerregisseuren zu denken.
In Yardie muss der junge D. (Aml Ameen) mitansehen, wie sein großer Bruder beim Versuch, einen Gangkrieg auf Jamaika mit einem Reggaekonzert zu beenden, erschossen wird. Fortan wird er vom Gangboss King Fox (Sheldon Shepherd) aufgezogen und wächst zu dessen wichtigstem Soldaten heran. Der Tod seines Bruders und die damit verbundene Rachsucht verfolgen ihn jedoch, und King Fox schickt die tickende Zeitbombe D. als Drogenkurier ins London der frühen 80er, damit er keinen neuen Gangkrieg auf Jamaika auslöst. Durch eine Verkettung unglücklicher Fügungen (der Drogenboss in London ist genauso explosiv wie D. und hat den Mörder seines Bruders auf der Gehaltsliste) beginnt die Kacke dort erst so richtig zu dampfen.
Dancehall und Reggae spielen in der Handlung des Films eine sehr wichtige Rolle und konsequenterweise ist die Musik in Yardie nicht nur allgegenwärtig, sondern bildet auch sein stärkstes Alleinstellungsmerkmal. Ich habe den Großteil des Films rhythmisch mit dem Kopf gewackelt, obwohl ich eigentlich gar kein Reggaefan bin. Auch die Ausstattung des Period-Pieces, das nicht nur die 70er, sondern auch die 80er auf Jamaika und in London abbildet, ist sehr stark und sieht authentisch und zugleich cool aus. Man merkt auch, dass die gesamte Crew um Regisseur Elba mit Herzblut dabei war, was dem Charme des Films natürlich sehr zuträglich ist. Auch die Action ist gut gelungen und kommt ohne ein Effekt- oder Schnittgewitter aus. Das alles macht Yardie grundsätzlich zu einer unterhaltsamen Angelegenheit.
Allerdings hat der Film auch Schwächen: er leidet zum einen am Drehbuch, das mit seeehr wenig Originalität daherkommt. Die Wendungen am Ende sieht man, wenn man schon ein, zwei Rachefilme gesehen hat, meilenweit im Voraus und seltsamerweise thematisiert Yardie nie, dass Ds‘ Handlungen eigentlich komplett gegensätzlich sind zu den Werten, für die sein Bruder das Leben lassen musste. Das Ende wirkt ein bisschen überhastet, was gerade dadurch ins Auge fällt, dass der Film im Mittelteil ziemliche Längen aufweist. Zur Regie: an sich alles ok, nur die Bildsprache ist recht inkonsistent, eine eigene sucht Idris Elba offenbar noch. Die Freezeframes am Anfang sind beispielsweise eine klare Anspielung auf Blaxploitationfilme, von denen aber im Nachhinein nichts mehr im Film zu finden ist.
Bei einem Debutfilm wäre das alles aber auch vielleicht ein bisschen viel erwartet. Alles in allem war Yardie ok. Ich habe mich nicht gelangweilt und war ganz gut unterhalten. Vor allem während eines Filmfestivals, das von Charakterstudien und Dokus dominiert wurde, war das eine willkommene Abwechslung. Wenn Idris Elba in Sachen Bildsprache noch ein bisschen dazulernt und sich für‘s nächste mal ein stärkeres Skript aussucht, ist da noch viel Potential.
Janosch
Bildmaterial: Berlinale Filmstills; Panorama